Dienstag, 25. Oktober 2022

Peter von Mundenheim

Kadavergehorsam

Was sie in Betrachtung der Historie einübten, das praktizierten sie in ihrer Deutung der Wirklichkeit.

Wo immer sie der Wirklichkeit begegneten, sie brachten als erstes den Zeigefinger in Stellung, denn der war ihre Siegwaffe.

Es liegt in der Natur des Zeigefingers, und es liegt in der Natur des Menschtiers, dass dem Menschtier die Weisung des Zeigefingers sagt: dorthin musst du schauen, dorthin, wo der Finger zeigt, und dass das Menschtier dieser Weisung gehorcht.

Gehorcht blind und bewusstlos.

Als wäre kadavernder Gehorsam eine Tugend.

Die Katzen sind da schlauer, denn wenn ein Menschtier in Gegenwart einer Katze mit dem Finger zeigt, schaut die Katze irritiert auf den Finger.

Das Menschtier aber folgt gehorsam folgt dienernd der Weisung des Zeigenden, und schaut wie ein Idiot in die Richtung, dahin der Finger zeigt: anstatt sich den Zeigenden genauer anzuschauen.

Anstatt laut zu fragen: Was bist du denn für ein Vieh, dass du mit Fingern zeigst?

Was stimmt nicht mit dir, dass du mit Fingern zeigst?

Weißt du eigentlich, was das über dich sagt, dass du mit Fingern zeigst?

Die Wecker mussten keine Angst haben, dass ihnen solch Fragen wurde. Solch Nachfragen. Der Reflex funktionierte immer. Sie zeigten mit dem Finger, und das Menschtier glotzte gläubig.

Sie zeigten mit dem Finger, und gerieten in eine Trunkenheit des Sieges, Sieg ohne Scham ohne Reue, die ihnen schließlich den Untergang bringen sollte.

Sie sahen im Vorbeifahren am Straßenrand den Verkehrsunfall, das liegengebliebene Auto, den Krankenwagen, und sie machten Bilder davon und schrien hinaus in die Öffentlichkeit: Das ist das Eigentliche des Autoverkehrs! Das muss alles weg!

Sie hörten, elektrisch beleuchtet vor ihrem Fernseher sitzend, von einem Störfall in einem Kraftwerk, und sie schrien: Das ist das Eigentliche der Energieversorgung! Das muss alles weg! Nur so retten wir den Planeten!

Eine Panne bei einer Fabrik? Chemische Abfälle in den Fluss gekippt, aus Versehen oder in böser Absicht? Das ist das Eigentliche der Chemieindustrie, die muss weg, mit ihrer schmutzigen Profitsucht, nur so retten wir den Planeten!

Unvorhergesehene Nebenwirkungen bei einem neuen Medikament, womöglich verbunden mit dem Versuch, die Erkrankten durch Zahlungen zum Schweigen zu überreden? Das Eigentliche an der Pharmaindustrie! Die muss weg, die Pharmaindustrie macht uns alle krank!

Vorhersehbare Nebenwirkungen, gar Todesfälle bei Impfungen, die Millionen das Leben sichern? Diese Behinderungen sind das Eigentliche bei diesem Impfwahnsinn, der muss weg, nur dann werden wir alle gesund!

Manager von Banken wurden bei Insidergeschäften erwischt? Das ist das Eigentliche am Geldverkehr, der muss weg, von dem muss der Planet befreit werden!

Und über alle, die Einwände wagten, wussten die Wecker: Denen ist Sand in die Augen gestreut worden, von den Mächtigen, von denen kriegen die Geld, die erhoffen sich noch was, auf die Argumente von denen müssen wir gar nicht hören, die haben die Argumente ja vorgesagt bekommen, von gekauften Lohnschreibern, gekauft, die sind alle gekauft, das ist das Eigentliche an denen.

Überall das Eigentliche, und die Frenesie der Enthüllungen.

(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 25.10.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)


Wichtig ist, dass ein jeder, ob Literat oder Prophet, sich um seine eigene Schattenarbeit, tagtäglich bemüht.

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