Samstag, 19. Juli 2025

Der Vortrag

 Über einen Traum
hat ein Mann 
ein Gedicht geschrieben
er möchte es mit Gesang
in der Altstadt vortragen

ein Begleiter zeigt ihm den Weg
sie fahren durch die Stadt
aus dem Fenster heraus
sieht man zerbombte Häuser
ein Mann in der Leichenstarre
wird aus einem Graben gehoben

mitten in der Altstadt
wirft ein Rebell eine Kordel
daran hängen 
viele Plastik Endstücke
die er an 
eine grosse Fensterscheibe wirft
die durch die Säure
ihre Durchsicht verliert

der Mann merkt 
dass er sein Gedicht
zuhause liegen gelassen hat

an das was er geschrieben hat
kann er sich nicht erinnern
auch ein neues Gedicht
oder ein entsprechender Behelf
kommt ihm nicht in den Sinn

mit einem riesigen Handtelefon
versucht er seine Tochter anzurufen
eine Frauenstimme
wiederholt mehrmals
dass die Verbindung 
nicht aufgeschaltet werden konnte 

sein Sohn ist auf dem gleichen Weg
auch ihn fragt sein Vater
wie er ihm behilflich sein könnte

indessen wird die Altstadt
von Angriffen des Feindes erfasst
von einem Auftritt vor Publikum 
ist nicht zu rechnen

der Begleiter ladet den Mann
zu einem Essen in seine Wohnung ein
die Wendeltreppe hinauf
zu sehen sind
von Bomben eingeschlagene Löcher




Das Brillenglas

Das  linke Brillenglas 
vor dem Auge 
hat sich gelockert
der Träger 
der fast nichts sieht
will das Glas 
zurecht rücken
was ihm die Nahsicht nimmt
er lässt nicht locker

Freitag, 18. Juli 2025

Ausschluss

 Ein Mitglied
einer Gemeinschaft
wird ohne Schuldspruch
ausgestossen
trotz jeder Rechtfertigung
und der Frage 
weswegen und warum 

Donnerstag, 17. Juli 2025

Am Abend

 Auf dem Weg nach Hause
öffnet ein Mann 
die Türe zu einem Gasthaus
rund um die Tische
sitzen Menschen

der Mann setzt sich
an einen freien Platz
er meint eine Frau 
wieder zu erkennen

die Frau ist leicht bekleidet
umarmt den Mann
der Mann erwidert 
Ihre Nähe 
eine zweite Frau
auf der rechten Seite
grüsst ihn mit ihren Augen

rund um die Tafel
sitzen Menschen
aus aller Welt

an den Gesichtern
kann der Mann erkennen
das allesamt 
zu einer Familie gehören
niemand nimmt Anstoss
am zärtlichen Austausch 
von beiden

Die Überquerung

 Der Mann will hinter seiner Frau
über die Strasse
irgend etwas mahnt ihn zur Vorsicht 

Dienstag, 15. Juli 2025

Wehmut

 Wehmut lässt sich nicht teilen
ausser jemand liebt dasselbe 
aus der Vergangenheit 
lieb und teuer

Im Bergdorf

 Nah am Wildbach

oben im Berghaus

vor dem Fenster

schiesst der Bach vorbei

sodass man es nicht

öffnen kann


der Mann vermisst

am Morgen seine Frau

er ist eifersüchtig

der Mann will seine Frau fragen

ob sie ihn in seiner Nähe

noch haben will


der Mann steigt halb angezogen

das hohe Berghaus hinab

er geht barfuss 

den steilen Weg


Schulkinder mit ihrem Rucksack

kommen ihm entgegen

durch den Schnee

zwischen Felsen hinab


auf einem freien Feld

zwischen Schnee und Eis

bringt der Verstorbene Vorfahr

das Bergheu

mit einem Holzrechen zusammen


der Nachfahre bückt sich

er findet mehrmals Silbermünzen

mit Figuren deren Bedeutung

er nicht kennt

erst jetzt merkt er 

dass er das Bettleintuch

am Kopf umgehängt hat

kein Gefühl

 Fehlt die innere Wärme

am kalten Schattenmantel

selbe daran

vorbei ziehen zu lassen


wird ein Gedanke emporgehoben

wie ein schwerer Stein 

wenn er fällt 

zerbricht das zarte Glas


in schweren Händen 

liegt die Vase

als suche sie 

Geborgenheit und Schutz


der Mann in dessen Brust

sein Herz dornenvoll schlägt

sonst kein Gefühl

ihm fehlt der Hoffnung Kraft


wünscht sich die Umarmung

einer neuen Welt

wo tödliche Angst

in sich zerfallen kann

an der Türangel

 Dein Auge 

dass mich liebkosend begleitet

an der Türangel 

wo die Nacht emporwächst

schlägt der Holzrahmen 

den Verlauf der Zeit

Gebunden nicht gebunden

 Bin gebunden
nicht gebunden
bin Dein Acker
indem Deine Seele
die Furchen zieht


mit Weh 

brechen sich 

die Schollen

mit Freude

wenn die Schaufel

in der Sonne blinkt


so hoffe ich

so merke ich 

bangend

auf die Frucht

die in meinem Leibe keimt

Die Linde

 Der Mittelsmann
der sonst keine Lobpreisungen 
in einer Gemeinschaft macht
geht Hand in Hand
mit Menschen 
auf eine Basilika zu

viele sind im Glauben
an ihren Gott durchdrungen
sie singen und preisen ihn
bis vor ihnen der Dom auftaucht

ein selbst ernannter Anführer 
geht als Erster 
an seiner Hand 
ein zweiter voraus

er muss sich unter 
die vom Geiste erfüllten 
in der grossen Kirche
unter der Renaissancedecke eingliedern 

der Gesang der Menschen
erfüllt den Raum

danach setzt sich
ob Frau ob Mann
in den Kirchenbänken
von dem andern 
neben ihm ab

ein Kantor ruft die Menschen
die vereinzelt 
vor dem Altarraum stehen 
zur Ordnung auf

ein veralteter tragbarer Papstthron
wird durch den Seitengang abgeführt
eine offene Pferdekutsche 
ohne Prälaten folgt dahinter her 

der Mittelsmann sitzt daraufhin
in einer Kutsche
das Pferd zieht ihn 
vor den Tabernakel

auf das Haupt

des Mittelsmanns 

wird von ihm unbemerkt

eine silberne Kette aufgelegt

ein anderer der neben ihm steht

nimmt sie ihm weg

er will sie verkaufen

dagegen wehrt er sich

was ihm die Seele geschenkt

will er für sich behalten


er steigt ab und zieht 
seinen Umhang aus
darunter trägt er 
scharlachrotes Gewand

die Menschen aus
verschiedenen Ländern
versuchen sich am Abend
gegenseitig mit 
Ihrer eigenen 
und anderen Geschichten
zu verständigen
woher sie kommen

warum und seit wann
im gebrochenen französisch
jemand in Paris beheimatet ist

ob jemand das Buch
der wilden Zora 
gelesen hat oder nicht

am Morgen
nach dem Spektakel
sitzen die meisten Pilger
zur Rückfahrt in Reisebussen bereit

auch der Mittelsmann
jetzt im weissen Hemd

er hat seine Jacke vergessen
springt in Eile 
und nimmt sein Jackett
von einem Bügelhalter
der im Freien steht
kommt noch vor der Abfahrt 
zu seinen Sitzplatz im Bus zurück

ihm selbst war nicht bewusst
dass er eine geschälte Linde
auf seinem Privatauto
auf die Pilgerreise mitgebracht hat

der Stamm kommt ohne
dass ihn jemand trägt
vor dem Bus zu stehen

noch vor der Abfahrt
kann man erkennen 
wie die Räumungsmannschaft
den Stamm mit anderem Unrat
auf einen Lastwagen wirft

 

Freitag, 11. Juli 2025

Das Urwesen

Das Meer bewegt sich kaum
es ist finstere Nacht

der Seemannskapitän
führt einen Vertrauten
über eine Treppe
in den Schiffsbug hinab

auf einer langen Holzkiste
hat er ein Lebewesen
in einer durchsichtigen 
länglichen Blase
keimen lassen

das Wesen leuchtet von innen
mit rotgelben und weissen Farben
von dem was der Begleiter
noch nie gesehen hat




Donnerstag, 10. Juli 2025

Der Auftrag an die Maschine

 Die künstliche Intelligenz kennt kein müssen (sie muss dem auch nicht). Die Machine macht alles druckfertig, so der Mensch danach fragt. Das Ergebnis hat nichts mit dem wirklichen Leben zu tun. 

NZZ: und Kommentar an die Zeitung

Zitat

Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG AM SONNTAG vertritt eine umfassendere Sichtweise und kommentiert:

„Morgen ist es genau zehn Jahre her, dass Donald Trump die goldene Rolltreppe vom Trump Tower in die Marmor- und Mahagoni-Lobby hinunterfuhr, um seine Kandidatur für das Präsidentenamt der Vereinigten Staaten bekannt zu geben. Trump, der New Yorker Immobilienmagnat und Entertainer, ist politisch unbeholfen, hat aber ein untrügliches Gespür dafür, was beim amerikanischen Publikum ankommt. Wie kein anderer hat der Milliardär die negative Stimmung im Land erkannt: die Frustration vieler Familien über sinkende Lebensstandards, die Unzufriedenheit der Amerikaner darüber, dass amerikanische Soldaten immer noch in endlosen Kriegen kämpfen, und die Angst, dass China die USA bald als Supermacht ablösen und die Ära amerikanischer Exzellenz beenden könnte. Trump erkannte die Schwäche der Vereinigten Staaten und versprach, Amerika wieder groß zu machen. Und jetzt – zehn Jahre später? Der Krieg in der Ukraine tobt, Russlands Putin nimmt Trump nicht ernst, Gaza ist immer noch die Hölle, und Israel steht kurz davor, die Amerikaner in einen Ein großer, extrem gefährlicher Krieg mit dem Iran. Und was ist mit Trumps Versprechen, die endlosen Kriege im Nahen Osten zu beenden? Trump hat vielleicht erkannt, dass er nicht gleichzeitig ein starker Mann und ein Friedensstifter sein kann.

 Kommentar: Der Zweifel bleibt, ob er sich dessen bewusst ist, was er der Welt, mit seiner Art und Weise, zu glauben vorstellt.


18.6.2025

Jede Kreatur

 Das Denken hat sich aus dem Urgrund, des Unbewussten entwickelt. Beim Menschen ist es seit der Menschwerdung, die noch im Gange ist, auf das Alter der gesamten Entwicklung des Lebens bezogen, vielleicht eine Sekunde alt. Das Leben denkt schon immer. Jede Kreatur auf seine Art. 

Antwort an: abseits vom mainstream - heplev

 Das Alte Testament ist alt, die Menschheit ist heute, der universellen, unteilbaren, absoluten Menschenwürde verpflichtet. Eine Kritik an der rechtsextremen Regierung ist unmöglich.

srf.ch

srf.ch

Ukraine alleingelassen- Trump stoppt Suche nach entführten ukrainischen Kindern

Fast drei Jahre lang haben US-Forscher ukrainische Kinder aufgespürt, die von Russland verschleppt wurden. Jetzt hat Trump dem Programm den Stecker gezogen und die Finanzierung eingestellt. Autor: Judith Huber

Nathaniel Raymond leitet das Forscherteam der Universität Yale in den USA. Er weiss, wovon er spricht, wenn er sagt: «Dies ist der grösste Fall von Entführungen seit dem Zweiten Weltkrieg. Wir denken, dass 35'000 ukrainische Kinder an 116 verschiedenen Orten festgehalten werden.» Und das in einem System, das vom Kreml und dessen Geheimdiensten organisiert worden sei.

Gezielte Suche nach entführten Kindern

Raymonds Humanitarian Research Lab erhielt im Frühling 2022 von der Regierung Biden den Auftrag, Beweise für mutmassliche russische Kriegsverbrechen in der Ukraine zu sammeln. Die Forscher begannen, öffentlich zugängliche Informationen sowie Satellitendaten auszuwerten. Im Sommer 2022 erhielten sie den Auftrag, sich auf die Suche nach den entführten Kindern zu machen. 

Legende:Im Dezember 2024 präsentierte Yale-Forscher Nathaniel Raymond vor dem UNO-Sicherheitsrat die Erkenntnisse seines Teams über die Verschleppung Zehntausender ukrainischer Kinder nach Russland.NATHANIEL RAYMOND

Wie sie das bewerkstelligen sollten, wussten die Forscher zunächst nicht. Doch dann stiessen sie auf Fotos russischer Lokalpolitiker, die ukrainische Kinder abholten und in Lager brachten. Die Bürgermeister machten Selfies von sich und den Kindern und stellten diese ins Netz. 

Links zum Thema:

Sie dachten aber nicht daran, den Ortungsdienst an ihren Mobiltelefonen auszuschalten. Diese Metadaten halfen den Forschern, die Standorte der Lager zu lokalisieren. Ihre Erkenntnisse flossen in einen ersten Bericht; einen Monat später erliess der Internationale Strafgerichtshof ICC einen Haftbefehl gegen Kremlchef Wladimir Putin und dessen Kinderrechtsbeauftragte.

Manche wurden von Russen schon adoptiert

Dann gelang ein grosser Durchbruch: Das Team fand heraus, dass einige der entführten Kinder als angebliche russische Waisen in Datenbanken versteckt waren und zwangsweise zur Adoption oder zur Pflege in russische Familien gegeben wurden.

Legende:In Einzelfällen gelingt es den Freiwilligen der ukrainischen NGO Save Ukraine, von Russen verschleppte Kinder zurückzuholen.SAVE UKRAINE

Die Erkenntnisse gab das Team von Yale den ukrainischen Behörden und Freiwilligen weiter, die es immer wieder schaffen, verschleppte Kinder zurückzuholen. Kinder aber, die bereits adoptiert wurden, können nur vom russischen Staat zurückgebracht werden. Bis jetzt zeigt Russland keinerlei Bereitschaft dazu.

Trump spricht von «Geldverschwendung»

Doch jetzt mussten Raymond und sein Team ihre Suche nach den Kindern einstellen. US-Präsident Trump stoppte das Programm nach seinem Amtsantritt – mit der Begründung, es sei Geldverschwendung. Auf Druck des Kongresses gelang es immerhin, dass die Yale-Forscher Zeit bekamen, ihre wertvollen Daten den ukrainischen Behörden und Europol, der europäischen Polizeibehörde, zu übergeben. 

Legende:Moskau steht ganz offiziell zu den Entführungen, spricht aber davon, die ukrainischen Kinder wegen des Krieges «aufgenommen» zu haben. Hier bespricht sich Putins «Kinderrechtsbeauftragte» Maria Lwowa-Belowa Anfang Juni 2025 mit Wladimir Putin zum Thema. Gegen beide besteht wegen der Verschleppungen ein Haftbefehl des Internationalen Gerichtshofs.REUTERS/GAVRIIL GRIGOROV

Dass es die von den Forschern mühsam gesammelten Daten überhaupt noch gibt, ist nur einem Zufall zu verdanken. Raymond sagt: «Sie haben alle Systeme abgestellt, ohne sich überhaupt die Mühe zu machen, herausfinden, was der Inhalt ist. Sie haben schlicht und einfach den Stecker gezogen.»

Daten bloss durch Zufall gesichert

Glücklicherweise hatte ein Subunternehmer des US-State-Department eine Kopie der Daten gemacht. Und so verbrachten Raymond und sein Team die letzten Wochen nur noch damit, die Informationen weiterzugeben. Dabei liegen gemäss Raymond acht Millionen Dollar bereit, die gemäss Weisung des Kongresses für ihr Programm eingesetzt werden müssten. Aber die Trump-Regierung weigert sich, das zu tun.

So muss Raymond am 1. Juli das Programm beenden und sein Ukraine-Team entlassen – falls er bis dann nicht mindestens 200'000 Dollar auftreiben kann.

Archiv: Entführte Kinder aus der Ukraine

 Aus 10 vor 10 vom 18.09.2023