Montag, 21. Juli 2025

Das Loch

 In einer verlassenen Gegend

aus einem Riet steigt Rauch auf

eine Frau und ein Mann

kommen auf dem Weg

ihrer Wanderung herzu


sie steigen in ein Erdloch 

das mit trockenen Schilf belegt ist

in die Tiefe hinab

sie vermuten da sich ein Gang

mit getrocknetem Heu 

auf beiden Seiten belegt ist

für das Weidevieh aufbewahrt wird


sie kommen in einen beleuchteten Raum

der durch verschraubte Holzwände

durch den Druck des Heus gesichert


die Frau geht den langen Gang

zum Ausgang zurück

ihr Handtelefon klingelt noch

ehe der Mann sie 

aus den Augen verliert

Die Zähne

Ein Jugendlicher
will seine Milchzähne behalten
seine zweiten Zähne
hat er in einem dunklen Raum
wie grosse Perlenstücke aufgereiht

Beim erwachen

 Ein Mann
in einem Bauernhof
weitab im freien Feld
in einem Hausflur
erregt erwacht
neben ihm ein Kind
das danach fasst
er kriecht 
auf dem Boden weiter
ihm begegnet 
der Hofbauer
der aus einem Taschenbuch
Verse liest
danach in einen 
dunklen Raum entschwindet
der Mann hebt das Buch
vom Boden auf
er dachte bei sich
dass es ein Gebetbuch sei
er schlägt das Buch auf
zu sehen sind darin 
Verse von Goethe 

Der Hinweis

 Erinnerungen kommen auf mich zu, ob ich deren Geschichten annehmen will, oder nicht, zugleich aber entsteht aus dem Kern im Schlaf ein Traum. Indem ich nicht der Autor selbst bin. Die Seele in ihrer Wirklichkeit, hält mir den Spiegel vor, indem ich im Drama der Seele eine Nebenrolle spiele und als Beobachter den Fingerzeig bekomme, zu meinen Schattenseiten, in der Innenwelt und zur Aussenwelt, wo ich damit darauf hingewiesen werde.  

Para: Sr. Boff

Deus nos dá sonhos

desde que a consciência

emergiu do inconsciente

Todas as noites

através da mediação da alma

o espiritual

quer que a pessoa comum

saiba melhor

o que deve ser feito

para poder

parar a catástrofe

com esperança e boa vontade

cada pessoa deve

além do inconsciente

que abrange todas as criaturas

e a própria humanidade

chegar a um novo conhecimento consciente

ousar fazer melhor a cada dia.

Sonntag, 20. Juli 2025

Die Berglanke

 Beim Erwachen
mit der Schau
aus dem Fenster
zieht eine hohe Bergflanke
hinter einem feinen Dunstschleier 
im engen Tal
an dem Beobachter vorbei

Die Gefühlslage

 Ein Fahrzeug
mit dem Design
weiss mit Aufschrift
aus den fünfziger Jahren
nimmt Rücksicht
auf die Gefühlslage
des Wagenlenkers


Im Süden

 Ein Renkalb
wohlgenährt
am Strassenbord
wurde noch nie
frei lebend
so tief im Süden
gesichtet

Samstag, 19. Juli 2025

Der Vortrag

 Über einen Traum
hat ein Mann 
ein Gedicht geschrieben
er möchte es mit Gesang
in der Altstadt vortragen

ein Begleiter zeigt ihm den Weg
sie fahren durch die Stadt
aus dem Fenster heraus
sieht man zerbombte Häuser
ein Mann in der Leichenstarre
wird aus einem Graben gehoben

mitten in der Altstadt
wirft ein Rebell eine Kordel
daran hängen 
viele Plastik Endstücke
die er an 
eine grosse Fensterscheibe wirft
die durch die Säure
ihre Durchsicht verliert

der Mann merkt 
dass er sein Gedicht
zuhause liegen gelassen hat

an das was er geschrieben hat
kann er sich nicht erinnern
auch ein neues Gedicht
oder ein entsprechender Behelf
kommt ihm nicht in den Sinn

mit einem riesigen Handtelefon
versucht er seine Tochter anzurufen
eine Frauenstimme
wiederholt mehrmals
dass die Verbindung 
nicht aufgeschaltet werden konnte 

sein Sohn ist auf dem gleichen Weg
auch ihn fragt sein Vater
wie er ihm behilflich sein könnte

indessen wird die Altstadt
von Angriffen des Feindes erfasst
von einem Auftritt vor Publikum 
ist nicht zu rechnen

der Begleiter ladet den Mann
zu einem Essen in seine Wohnung ein
die Wendeltreppe hinauf
zu sehen sind
von Bomben eingeschlagene Löcher




Das Brillenglas

Das  linke Brillenglas 
vor dem Auge 
hat sich gelockert
der Träger 
der fast nichts sieht
will das Glas 
zurecht rücken
was ihm die Nahsicht nimmt
er lässt nicht locker

Freitag, 18. Juli 2025

Ausschluss

 Ein Mitglied
einer Gemeinschaft
wird ohne Schuldspruch
ausgestossen
trotz jeder Rechtfertigung
und der Frage 
weswegen und warum 

Donnerstag, 17. Juli 2025

Am Abend

 Auf dem Weg nach Hause
öffnet ein Mann 
die Türe zu einem Gasthaus
rund um die Tische
sitzen Menschen

der Mann setzt sich
an einen freien Platz
er meint eine Frau 
wieder zu erkennen

die Frau ist leicht bekleidet
umarmt den Mann
der Mann erwidert 
Ihre Nähe 
eine zweite Frau
auf der rechten Seite
grüsst ihn mit ihren Augen

rund um die Tafel
sitzen Menschen
aus aller Welt

an den Gesichtern
kann der Mann erkennen
das allesamt 
zu einer Familie gehören
niemand nimmt Anstoss
am zärtlichen Austausch 
von beiden

Die Überquerung

 Der Mann will hinter seiner Frau
über die Strasse
irgend etwas mahnt ihn zur Vorsicht 

Dienstag, 15. Juli 2025

Wehmut

 Wehmut lässt sich nicht teilen
ausser jemand liebt dasselbe 
aus der Vergangenheit 
lieb und teuer

Im Bergdorf

 Nah am Wildbach

oben im Berghaus

vor dem Fenster

schiesst der Bach vorbei

sodass man es nicht

öffnen kann


der Mann vermisst

am Morgen seine Frau

er ist eifersüchtig

der Mann will seine Frau fragen

ob sie ihn in seiner Nähe

noch haben will


der Mann steigt halb angezogen

das hohe Berghaus hinab

er geht barfuss 

den steilen Weg


Schulkinder mit ihrem Rucksack

kommen ihm entgegen

durch den Schnee

zwischen Felsen hinab


auf einem freien Feld

zwischen Schnee und Eis

bringt der Verstorbene Vorfahr

das Bergheu

mit einem Holzrechen zusammen


der Nachfahre bückt sich

er findet mehrmals Silbermünzen

mit Figuren deren Bedeutung

er nicht kennt

erst jetzt merkt er 

dass er das Bettleintuch

am Kopf umgehängt hat

kein Gefühl

 Fehlt die innere Wärme

am kalten Schattenmantel

selbe daran

vorbei ziehen zu lassen


wird ein Gedanke emporgehoben

wie ein schwerer Stein 

wenn er fällt 

zerbricht das zarte Glas


in schweren Händen 

liegt die Vase

als suche sie 

Geborgenheit und Schutz


der Mann in dessen Brust

sein Herz dornenvoll schlägt

sonst kein Gefühl

ihm fehlt der Hoffnung Kraft


wünscht sich die Umarmung

einer neuen Welt

wo tödliche Angst

in sich zerfallen kann

an der Türangel

 Dein Auge 

dass mich liebkosend begleitet

an der Türangel 

wo die Nacht emporwächst

schlägt der Holzrahmen 

den Verlauf der Zeit

Gebunden nicht gebunden

 Bin gebunden
nicht gebunden
bin Dein Acker
indem Deine Seele
die Furchen zieht


mit Weh 

brechen sich 

die Schollen

mit Freude

wenn die Schaufel

in der Sonne blinkt


so hoffe ich

so merke ich 

bangend

auf die Frucht

die in meinem Leibe keimt

Die Linde

 Der Mittelsmann
der sonst keine Lobpreisungen 
in einer Gemeinschaft macht
geht Hand in Hand
mit Menschen 
auf eine Basilika zu

viele sind im Glauben
an ihren Gott durchdrungen
sie singen und preisen ihn
bis vor ihnen der Dom auftaucht

ein selbst ernannter Anführer 
geht als Erster 
an seiner Hand 
ein zweiter voraus

er muss sich unter 
die vom Geiste erfüllten 
in der grossen Kirche
unter der Renaissancedecke eingliedern 

der Gesang der Menschen
erfüllt den Raum

danach setzt sich
ob Frau ob Mann
in den Kirchenbänken
von dem andern 
neben ihm ab

ein Kantor ruft die Menschen
die vereinzelt 
vor dem Altarraum stehen 
zur Ordnung auf

ein veralteter tragbarer Papstthron
wird durch den Seitengang abgeführt
eine offene Pferdekutsche 
ohne Prälaten folgt dahinter her 

der Mittelsmann sitzt daraufhin
in einer Kutsche
das Pferd zieht ihn 
vor den Tabernakel

auf das Haupt

des Mittelsmanns 

wird von ihm unbemerkt

eine silberne Kette aufgelegt

ein anderer der neben ihm steht

nimmt sie ihm weg

er will sie verkaufen

dagegen wehrt er sich

was ihm die Seele geschenkt

will er für sich behalten


er steigt ab und zieht 
seinen Umhang aus
darunter trägt er 
scharlachrotes Gewand

die Menschen aus
verschiedenen Ländern
versuchen sich am Abend
gegenseitig mit 
Ihrer eigenen 
und anderen Geschichten
zu verständigen
woher sie kommen

warum und seit wann
im gebrochenen französisch
jemand in Paris beheimatet ist

ob jemand das Buch
der wilden Zora 
gelesen hat oder nicht

am Morgen
nach dem Spektakel
sitzen die meisten Pilger
zur Rückfahrt in Reisebussen bereit

auch der Mittelsmann
jetzt im weissen Hemd

er hat seine Jacke vergessen
springt in Eile 
und nimmt sein Jackett
von einem Bügelhalter
der im Freien steht
kommt noch vor der Abfahrt 
zu seinen Sitzplatz im Bus zurück

ihm selbst war nicht bewusst
dass er eine geschälte Linde
auf seinem Privatauto
auf die Pilgerreise mitgebracht hat

der Stamm kommt ohne
dass ihn jemand trägt
vor dem Bus zu stehen

noch vor der Abfahrt
kann man erkennen 
wie die Räumungsmannschaft
den Stamm mit anderem Unrat
auf einen Lastwagen wirft